Behördenwillkür und Justizterror.
Verfolgung Unschuldiger im Bundesland Saarland

Kapitel 03: Der Beginn des Skandals

Am 30.05.1985 war im Rahmen einer gesetzlichen Nachprüfung gemäß § 18 Saarl. Abmarkungsgesetz durch den Ressortminister (damals: Finanzminister Kasper) als Oberste Kataster- und Widerspruchsbehörde die Grenze des Hausgrundstücks Schmelzer/Wolf (Flurstück Nr. 81/1) zum Nachbargrundstück Müller (Flurstück 404/91) hergestellt worden. Grundlage hierfür waren die Maße aus der Entstehungsvermessung 1846 (Katasterurkunde Urhandriss).

Auslöser für besagte Grenzherstellung war eine, im März 1984 der Tochter des Nachbarn Müller durch die Untere Bauaufsichtsbehörde (UBA) der Mittelstadt St. Ingbert rechtswidrig erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhausanbaus an den bereits bestehenden Wohnhausaltbau. Durch diese Genehmigung wurden sowohl meine Eigentums- als auch subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte, ebenso wie die meiner Mutter, E. Wolf, in gravierendem Maße verletzt.

Die Erteilung der Genehmigung erfolgte,  o h n e  dass eine Abmarkung der Grenze des Baugrundstücks zum Grundstück Schmelzer/Wolf hin vorlag, d.h.  o h n e  dass Grenzsteine zur Sichtbarmachung des Eigentums vorhanden waren. Wäre letzteres der Fall gewesen, wäre sichtbar geworden, dass das Baugrundstück für das geplante Bauvorhaben zu klein war.

Mit anderen Worten, durch die UBA St. Ingbert war rechtswidrigerweise eine Genehmigung, d.h. ein Freibrief, für „grenzenloses Bauen“ erteilt worden.

Konkret besteht die Verletzung der Eigentumsrechte sowie der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte darin, dass:

-           mit der Baugenehmigung ein Raub substantieller Teile meines/unseres Grundstücks
            verbunden war (Auf diesen Tatbestand wird nachfolgend noch detailliert eingegangen,
            siehe Messung durch die Katasterbehörde 1984);

-           der für das Bauvorhaben gesetzlich vorgeschriebene, zwingend einzuhaltende Min-
            destabstand zur Grenze deutlich unterschritten wurde (vorgeschriebener Grenzab-
            stand: 3,00 m - tatsächlicher Grenzabstand: ca. 1,00 m);

-           außerdem 14 von 15 Meter Gebäudemindestabstandsfläche rechtswidrig als
            Überbauung auf dem Grundstück Schmelzer/Wolf zu liegen kamen
, und uns                        als Eigentümerinnen dadurch jede Form eigener baulicher Nutzung genommen
            wurde.

Anm.: 
Gebäudemindestabstände
:
Wegen der Gesamtbautiefe aus Wohnhausalt und -neubau entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze von 18,60 Meter wäre hier ein Gebäudemindestabstand von 15 Meter zu dem auf dem Grundstück Schmelzer/Wolf stehenden Wohnhaus einzuhalten gewesen, wovon 7,50 Meter auf dem Baugrundstück selbst hätten liegen müssen (§ 8 Abs. 2 LBO i.d.F.v. 19. März 1980, Amtsbl.S.514) i.V.m. §§ 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Abstandsflächenverordnung i.d.F.v. 15. November 1978, Amtsbl. S. 1004).

Aufgrund der hier gegebenen Rechtsverstöße war die Baugenehmigung von Anfang an nichtig. Sie hätte überhaupt nicht erteilt und schon gar nicht vollzogen werden dürfen. 

In das Genehmigungsverfahren waren weder ich noch meine Mutter einbezogen worden, obwohl das Baurecht dies zur Wahrung der materiell subjektiv öffentlichen Rechte für unmittelbar von der Genehmigung Betroffene vorschreibt. Von der im März erteilten Genehmigung erhielten wir erst Ende April Kenntnis, als die Mutter der Bauherrin, Frau Müller, beiläufig erwähnte, dass ihre Tochter im Besitze einer Genehmigung für einen „Wohnhausanbau“ und für eine „Garage“ sei, und mit dem Bauen unverzüglich beginnen werde.

Auf den Hinweis, dass sie ja wisse, dass keine Grenzsteine vorhanden sind, und dass sie bzw. ihre Tochter als Bauherrin verpflichtet sind, die Grenze durch das Katasteramt abmarken zu lassen, wurde ich mit der Aussage konfrontiert, eine Vermessung sei ihnen zu teuer, die fehlende Baufläche zur Realisierung der genehmigten Bauvorhaben würden sie mir/uns abkaufen; im übrigen hätte ich ja noch Land genug.

Jenes dreiste, an Nötigung grenzende Ansinnen wurde von mir unverzüglich zurückgewiesen, unter anderem auch deshalb, weil ich/wir eigene Bauziele hatte/n. Die hierauf unmittelbar bei der UBA verlangte Einsicht in die Bauakte wurde mir -entgegen der gesetzlichen Vorschrift- verweigert und lediglich erklärt, dass eine Baugenehmigung für ein Wohngebäude und für eine Garage erteilt worden sei.

Alles habe, so die Behörde in diesem Zusammenhang kategorisch, seine Richtigkeit; nach den „vorliegenden Bauvorlagen“ seien Wohngebäude und Garage zu genehmigen gewesen.

Tatsächlich waren aber weder eine Garage beantragt noch genehmigt worden, noch lagen die für die Genehmigung eines Wohnhauses bzw. Wohnhausanbaus rechtsverbindlichen „Bauvorlagen“ (hier konkret: Lageplan und/oder ein vom Katasteramt beglaubigter Ergänzungsplan mit Angabe der Grundstücksmaße sowie dem Nachweis der Grenzabmarkung) vor. Wie hätte solches auch sein können angesichts der Tatsache, dass eine Abmarkung der Grenze gar nicht gegeben war?

Entgegen ihren eigenen Vorschriften,  v o r  Erteilung der Genehmigung der Bauherrin aufzugeben, das Baugrundstück vermessen und abmarken zu lassen sowie den Nachweis hierüber in Form einer Bauvorlage zu erbringen, hat die UBA solches hier bewusst unterlassen, d.h. bewusst gesetzwidrig gehandelt.

Anm.:  
Die naheliegende Frage, welches der ausschlaggebende Faktor für die Erteilung besagter Baugenehmigung war, ob es sich dabei um Gefälligkeiten unter Bauingenieuren handelte (die Tochter des Nachbarn ist selbst Bauingenieurin und war als solche eine zeitlang beim Staatsbauamt Kaiserslautern beschäftigt), ob die gute Ausstattung der Familie Müller mit Parteibüchern hier eine Rolle spielte oder aber die gleichfalls guten freundschaftlichen Beziehungen in die verschiedensten Richtungen, kann hier offenbleiben; allein entscheidend ist nämlich das Resultat, d.h. die Tatsache, dass jene Baugenehmigung überhaupt erteilt wurde, und dadurch meine Eigentumsrechte sowie subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte in gravierender Weise verletzt worden sind.

Gegen die im vorliegenden Fall unzulässig erteilte, nichtige Baugenehmigung habe ich sofort Widerspruch eingelegt.

Um eine Abmarkung (Setzen von Grenzzeichen) herbeizuführen und eine Überbauung zu verhindern, haben ich/meine Mutter, E. Wolf, nachdem erkennbar weder die UBA noch die Bauherrin noch deren Eltern als Eigentümer des Baugrundstücks ein Interesse an einer Abmarkung zur Sichtbarmachung des Eigentums hatten, am 2. Mai 1984 selbst beim Katasteramt St. Ingbert  Antrag auf Grenzherstellung (Abmarkung) unseres Hausgrundstücks (Flurstück 81/1) zum Baugrundstück (Flurstück 404/91) gestellt und einen angeforderten Vermessungskostenvorschuss von DM 700.- gezahlt.

Mit der Stellung dieses Antrages wurde zwischen der Katasterbehörde und uns, den beiden Antragstellerinnen, ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis begründet und das Verfahren

-           gemäß § 1 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Saarl. Abmarkungsgesetzes (Gesetz Nr. 762,
            vom 2. Juli 1962, Amtsbl.S. 557, i.d.F. vom 10.12.1980, Amtsbl. S. 1082)

über die öffentlich-rechtliche Abmarkungspflicht im Saarland in Gang gesetzt und nach diesem Gesetz bestimmt.

Nach diesem Gesetz ist für die Abmarkung ausschließlich die Zuständigkeit der Katasterbehörde gegeben und nicht die der Gerichte, schon gar nicht die der Zivilgerichte; nach diesem Gesetz besteht für die Katasterbehörde die Pflicht zur Abmarkung.

Mit der Antragstellung kam hier ein Stein ins Rollen, der sich zu einem kaum noch zu überbietenden Behörden- und Justizskandal entwickeln sollte, in dem nunmehr auch die  Katasterbehörde eine tragende Rolle übernahm.


 

 

 

 

 

 

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